Konflikte und Reformansätze für das Gesundheitswesen

Konflikte und Reformansätze für das Gesundheitswesen

Überblicksartig soll nun eine knappe Darstellung der wesentlichen Herausforderungen erfolgen, vor der das deutsche Gesundheitssystem derzeit steht.
Deutschland hat das höchste Gesundheitsausgabenniveau innerhalb der EU-Länder, was sich auch in den steigenden Beitragssätzen der GKV widerspiegelt. Diese stiegen von 12% im Jahre 1990 auf 14,2% im Jahr 2003, was vor allem auf Kostensteigerungen bei Heil- und Hilfsmitteln und Arzneien zurückzuführen ist. Kostendämpfung ist daher dauerhaft als Aufgabe zu begreifen und wird deshalb auch in der Zukunft eine bedeutende Rolle in der Gesundheitspolitik spielen. So werden die Konsequenzen der Einführung des fallpauschalierten Abrechnungssystems in Akutkrankenhäusern zu beobachten sein. Außerdem wird die Vergütung der Vertragsärzte kosteneffizienter zu gestalten sein (vgl. Busse/Riesberg 2005, S.246).
Die stark ausgeprägten Selbstverwaltungsstrukturen der GKV und der freien Gesundheitsberufe stehennicht nur bei Unternehmensberatungen in der Kritik, für die Öffentlichkeit und die Orientierung der Patienten nicht transparent genug zu sein. Zwar wurden in letzter Zeit die Informationspolitik für die Öffentlichkeit verbessert und Selbsthilfegruppierungen Mitspracherechte eingeräumt, diese Entwicklungen müssen nun jedoch noch für die Vor-Ort-Versorgung der Patienten verfügbar und nutzbar werden (vgl. Busse/Riesberg 2005, S.247).

Eine weitere zentrale Aufgabe liegt in der Verbesserung der finanziellen Einnahmebasis. Durch die hohe Arbeitslosigkeit und den immer geringeren Arbeitsanteil am Volkseinkommen ist es zu einer relativen Abnahme der finanziellen Einnahmen der GVK gekommen, da deren Beitragaufkommen nur auf Erwerbstätigkeit beruht. Außerdem sind Beamte und Selbstständige nicht in die GKV integriert, so dass deren Beitragsleistung der GKV vorenthalten bleibt. Aufgrund der sozioökonomischen und demografischen Entwicklung führt u.a. die solidarisch organisierte GKV zu einem Anstieg der Lohnnebenkosten, was den Arbeitsmarkt und das Wirtschaftswachstum zu beeinträchtigen droht. Zur Lösung werden neben der Bürgerversicherung auch das Kopfpauschalenmodell diskutiert. Während die Bürgerversicherung die Einkommensbasis der GKV verbreitern will, sieht die Kopfpauschale eine Entkopplung der Krankenkassenbeiträge von den Lohnkosten vor (vgl. Busse/Riesberg 2005, S.247).

Die bislang strikte Trennung der Patientenversorgung durch soziale Sicherungssysteme und Sektoren wurde durch einige Reformschritte etwas aufgeweicht. So ist in der GKV z.B. die Trennung zwischen ambulanten und stationären Bereich, etwa durch ambulantes Operieren im Krankenhaus, verringert worden. Durch die Verpflichtung für die Kassen, Hausarztmodelle anbieten zu müssen und die integrierte Versorgung zu stärken, ist eine weitere Überwindung der sektoralen Grenzen möglich geworden. Die Rolle der Hausärzte, die den Patienten durch das Versorgungssystem in einer Art Lotsenfunktion begleiten, wird sich in Zukunft noch weiter verstärken. Die niedergelassenen Fachärzte werden sich vermehrt in Konkurrenz zum stationären Sektor befinden, der mehr ambulante Versorgungsleistungen erbringen wird, und somit auch gewisse Einkommenseinbußen aus dem Bettenabbau wird kompensieren können.

Während der Wettbewerb durch eine gezielte Unternehmensberatung zwischen den Kassen aufgrund ähnlicher Beitragssätze und nahezu gleichem Leistungsumfang kaum vorhanden ist, fordern die Kassen mehr Spielraum für den Abschluss selektiver Verträge mit Leistungserbringern und damit eine Lockerung des Kontrahierungszwanges. Dies wird von Seiten der Politik auch behutsam gefördert, wobei auf Versorgungsgleichheit der Versicherten Wert gelegt werden muss. Abschließend bemerkt, wird auch das EU-Recht zunehmend Einfluss auf die deutsche Gesundheitspolitik haben. (vgl. Busse/Riesberg 2005, S248ff.)