Theoretische Fundierung des Dienstleistungsmanagements

Dienstleistungsmanagement – die theoretische Fundierung

Gerade Dienstleister stehen durch die hohen Anforderungen an Service, Kommunikation, Marketing und Qualität vor neuen Herausforderungen, bei denen sie durch eine Unternehmensberatung qualifiziert unterstützt werden können. WIr untersuchen nachfolgend die theoretischen Konstrukte des Dienstleistungsmanagements in einigen Teilbereichen.

Die Informationsökonomie geht- im Gegensatz zur Neoklassik, auf welcher sie grundsätzlich basiert- nicht von der Annahme der vollkommenen Information aus. Ziel eines jeden Nachfragers ist es, eine möglichst vollständige Information über die zu erwerbende Dienstleistung zu erhalten. Hieraus ergeben sich drei Möglichkeiten, wie die Eigenschaften einer Leistung anhand des Zeitpunkts der Beurteilung sowie den mit der Beschaffung der Informationen verbundenen Kosten differenziert werden können:

a) Sucheingeschaften (search qualities)
Sucheigenschaften sind jene Eigenschaften, welche aufgrund der Betrachtung eines Gegenstandes- bei Dienstleistung bei Betrachtung des Arbeitsumfeldes- festgestellt werden können. Fällt diese Beurteilung bei materiellen Objekten relativ einfach, ist dies bei Dienstleistungen umso schwerer, da es sich in diesem Fall um Leistungsversprechen- also vorläufig immaterielle Dinge- handelt. Die Dienstleistung selbst wird erst gemeinsam mit dem Kunden erstellt. Dienstleistungen können daher nur auf Basis des Leistungspotentials (hier der Ausstattung der Werkstatt, des Meisterbriefes des Werkstattleiters etc.) beurteilt werden.
Sucheigenschaften können bereits vor dem Kauf festgestellt werden; die Kosten der Informationsbeschaffung sind jedoch gering, da diese allein durch Inspektion, Beobachtung oder Untersuchung festgestellt werden können.

b) Erfahrungseigenschaften (experience qualities)
Erfahrungseigenschaften können vor dem Kauf eines Gegenstands oder vor der Inanspruchnahme einer Dienstleistung noch nicht festgestellt werden; ihr Vorhandensein ist aber nach dem Kauf/ der Inanspruchnahme feststellbar.
Die Informationskosten sind daher vor dem Kauf höher, als es der Differenz zwischen Preis und Wert der Leistung entspricht.

c) Vertrauenseigenschaften (credence qualities)
Vertrauenseingenschaften können weder vor noch nach dem Kauf bzw. der Inanspruchnahme einer Dienstleistung festgestellt werden- die Preise für die Informationsbeschaffung sind prohibitiv hoch, d.h. unter Umständen kann überhaupt nicht festgestellt werden, ob die Eigenschaft vorhanden ist.
Bezogen auf die Werkstatt könnte die Kundin beispielsweise nicht selbst feststellen, welcher Qualität die eingebauten Materialien oder Schmieröle entsprechen. Um dies beurteilen zu können, bräuchte sie einen objektiven Dritten- was doppelte Kosten bedeuten würde und somit unlukrativ wäre.

Die Prinzipal-Agent-Theorie ist ein Teilgebiet der neuen Institutionsökonomik und beschreibt das handeln von Akteuren in einer Hierarchie.
Sie setzt sich mit der Wirkung bzw. mit den Zielkonflikten asymmetrischer Informationsverteilung auseinander.
Die Prinzipal-Agent Beziehung basiert auf der Annahme, dass der Agent bei der Erfüllung seiner Aufgaben einen Verhaltensspielraum aufgrund eines Informationsvorsprunges hat, welchen er sich selbst zum Nutzen sowie dem Prinzipal zum Schaden ausnutzen kann.
Beide Individuen- sowohl der Prinzipal als auch der Agent- verfolgen eigennützige Ziele- es liegt also ein Interessenskonflikt vor.
Bei einer Anbieter-Kunden-Beziehung ist in der Regel der Kunde der Prinzipal- also der Auftraggeber, in dessen Auftrag gearbeitet wird- der Anbieter (hier die Werkstatt) ist der Agent- also derjenige, der im Auftrag des anderen handelt. Der Verhaltensspielraum ermöglicht dem Agent opportunistisches- also nutzenmaximierendes Verhalten. Handelt der Prinzipal normal risikoneutral, so agiert der Agent eher risikoavers.

Je nachdem, welche Eigenschaft dominierend vorliegt, können verschiedene Mittel eingesetzt werden, um sich von Anbietern schlechterer Qualität abzuheben.
Eine Möglichkeit stellen Signalingstrategien dar. Im Vordergrund steht hierbei die Differenzierung zwischen Anbietern guter und schlechter Qualität sowie die Signalisierung einer Verhaltensweise, welche nicht opportunistisch ausgelegt ist. Erschwerend wirkt sich hierbei allerdings aus, dass die Informationen selbst aufgrund ihrer eigenen Vertrauens-/Erfahrungeigenschaften teilweise erst nach ihrer Beschaffung überprüfbar sind- wenn überhaupt.
Je nachdem, welche Eigenschaften dominierend vorliegen, sollten verschiedene Aspekte hierbei beachtet werden. Da im gegebenen Beispiel Vertrauenseigenschaften dominieren und in großen Teilen auch Erfahrungseigenschaften vorhanden sind, lege ich meinen Fokus auf die Betrachtung dieser beiden Seiten.
Die Wirkung von Signalen bei Erfahrungseigenschaften hängt von drei verschiedenen Faktoren ab: will der Anbieter am Markt bleiben und den Kunden dazu bewegen, auch weiterhin diese Werkstatt zu nutzen; gibt es eine zeitliche Staffelung der Inanspruchnahme der Dienstleistung; tauschen die Kunden ihre Informationen untereinander aus. Liegen eine oder mehrere dieser Sachverhalte vor, so wird der Anbieter bestrebt sein, wahre Informationen zu vermitteln.
Bei Erfahrungseigenschaften ist es sehr wichtig, glaubwürdige Informationsquellen zu nutzen. Es bietet sich daher an, Kundenempfehlungen zu publizieren, Celibrity-Werbung über Sender zu publizieren, die als glaubwürdig eingestuft werden, Testkäufe/ Schnupperangebote zu offerieren bzw. einen Tag der offenen Tür zu veranstalten.
Für Vertrauenseigenschaften ist es notwendig, den Kunden von vorhandenen positiven Eigenschaften zu überzeugen, welche er oftmals vor noch nach dem Kauf überprüfen kann. Aus diesem Grund bieten sich Gütesiegel/ Testurteile von unabhängigen Stellen an. Gütesiegel bestätigen hierbei eine vorhandene Mindestqualität, die Testurteile bestätigen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Güteklasse. Auch Dienstleistungsgarantien stärken das Vertrauen in ein Unternehmen- denn wenn ein Unternehmen schlechte Qualität bieten würde, würden sie keine Garantien auf ihre Dienstleistungen geben.
Auch gewählte Signale von Anbietern stellen für den Kunden in letzter Instanz nicht immer einen Schutz gegen Opportunismus dar. Ist beispielsweise das Interesse des Unternehmens nicht darauf bedacht, dass Kunden wiederholt Dienstleistungen in Anspruch nehmen, oder wenn am Markt ein schlechtes Kommunikationssystem vorliegt, muss immer auch mit einer opportunistischen Nutzung der Signale durch den Anbieter gerechnet werden.

Die Transaktionskostentheorie ist eine Organisationstheorie, die zur neuen Institutionenökonomik gezählt wird. Die Transaktionskosten können nach Williamson noch differenziert werden in ex-ante-Transaktionskosten (z.B. Informations-, Verhandlungs-, Vertragskosten) und ex-post-Transaktionskosten (z.B. Kosten der Kontrolle, Durchsetzung, nachträglichen Vertragsanpassung) unterteilt werden. Die Transaktionskostentheorie unterstellt den beteiligten Akteuren drei Annahmen: begrenzte Rationalität, Opportunismus und Risikoneutralität. Desweiteren werden die Kosten durch drei Faktoren beeinflusst: die transaktionsspezifische Investition (hierbei handelt es sich um eine Investition in eine unternehmensspezifische Qualifikation oder produktionsspezifische Anlage, welche im Rahmen der Transaktion notwendig ist), die Unsicherheit und die Häufigkeit.

Ressourcen kennzeichnen sich dadurch, dass es sich hierbei nicht einfach um den Besitz von Produktionsfaktoren handelt, sondern dass diese Faktoren so verändert und miteinander kombiniert werden, dass hieraus unternehmensspezifische und somit einzigartige Faktoren des Unternehmens entstehen. Barney hat vier zentrale Merkmale herausgestellt, welche alle erfüllt sein müssen, dass eine Ressource einen Ressourcenvorteil begründet:
– Value: Die Ressourcen und Fähigkeiten müssen das Unternehmen in die Lage versetzen können, Bedrohungen und Chancen der Umwelt zu bewältigen
– Rareness: Es muss sich um eine seltene Ressource handeln
– Imitability: Haben andere Unternehmen ohne diese Ressource oder Fähigkeit einen Kostennachteil, wenn sie versuchen, diese zu erwerben?
– Organization: Kann durch die vorhandene Unternehmensstruktur das komplette wettbewerbliche Potential der Ressource oder Fähigkeit ausgeschöpft werden?

Ein Beispiel zur Verdeutlichung:
Ein produzierendes Gewerbe erwirbt drei hochwertige Maschinen, welche auf dem neuesten Stand der Technik sind, um die Produktion effektiver und schneller zu gestalten. Im Unternehmen sind jedoch nur zwei Maschinenführer angestellt, welche befähigt sind, diese neuen Maschinen auch zu bedienen.
Die dritte Maschine birgt in diesem Falle also keinen Ressourcenvorteil mehr, denn sie ist zwar besser als die alten, noch relativ selten, da ganz neu auf dem Markt und für andere Unternehmen nur schwer erwerbbar, jedoch hat das Unternehmen aufgrund falscher Organisation und daraus resultierend mangelnder Strukturen beim Personal keine Möglichkeiten, das Potential der Ressource (hier der Maschine) auszuschöpfen.

Grundlage für Ausgestaltung und Umsetzung von Wettbewerbsvorteilen bei Dienstleistungsunternehmen ist die strategische Wertschöpfungskonfiguration. Nach Stabell und Fjeldstad können bei der Konfiguration wertschöpfender Aktivitäten drei Formen unterschieden werden:

Wertkette
Grundgedanke ist, dass sich Wettbewerbsvorteile aus der Gesamtheit der Wertaktivitäten ergeben. Diese Aktivitäten werden dem physischen Durchlaufprinzip angeordnet und können in zwei Kategorien unterteilt werden:

– Primäre Aktivitäten
Dienen der Herstellung und Vermarktung des Endprodukts; erhöhen den Wert der Inputfaktoren durch Transformation und schaffen hierdurch einen Wert, der über dem der eingesetzten Faktoren liegt
=> Eingangslogistik, Operationen, Marketing & Vertrieb, Ausgangslogistik, Kundendienst

– Unterstützende Aktivitäten
Dienen der Bereitstellung der Inputfaktoren; schaffen die Infrastruktur des Unternehmens, ohne welche die primären Aktivitäten nicht ausgeübt werden könnten. Unternehmensinfrastruktur, Personalwirtschaft, Technologieentwicklung, Beschaffung.

Um einen Wettbewerbsvorteil zu generieren sind die wertschöpfenden Aktivitäten so zu konfigurieren, dass sie dem Unternehmen entweder einen Kostenvorteil verschaffen oder zu einer Differenzierung seines Leistungsangebots am Markt beitragen, dass die Nachfrager bereit sind, mehr für die Leistung zu bezahlen.
Im Mittelpunkt der Wertkette steht die „Produktion“ einer Dienstleistung.

Wertshop
Wertshops sind Wertschöpfungskonfigurationen, die auf die Lösung eines Kundenproblems fokussiert sind. In ihrem Mittelpunkt orientieren sich die primären Aktivitäten am Problemlösungsprozess.
Sie werden z.B. unterschieden in die Phasen der Problemfindung und Akquisition, der Problemlösung, der Auswahl der Problemlösungsalternativen, der Ausführung, der Bewertung und der Kontrolle. Kennzeichnend ist die iterative, zyklische und häufig interaktive Aktivitätenfolge.
Da sich die Probleme von Kunde zu Kunde unterscheiden, sind individuelle Lösungen erforderlich (Intensive Technology), welche durch vom Kunden angestoßene Kombination von Ressourcen generiert werden (hohe Kundenmitwirkung). Werttreiber beim Wertshop sind Reputationen und Kompetenz.

Wertnetzwerk
Die Werterzeugung liegt in der Verbindung von Kunden, der Anbieter übernimmt als Intermediär die Etablierung, Überwachung und Beendigung der Kontakte zwischen den Nachfragern. Die Kontakte können hierbei sowohl direkter Natur (z.B. Telefongesellschaft- Verbindung zw. zwei Kunden) als auch indirekter Natur (z.B. Filialsystem einer Bank) sein. Dadurch, dass Wertnetzwerke unterschiedliche Präferenzen überbrücken stellen sie die Wertschöpfungskonfiguration zur Marktarbitrage dar. Der Wert des Wertnetzwerk ergibt sich aus der Beteiligung der anderen Nachfrager am Netzwerk (eine Telefongesellschaft hätte z.B. keinen Wert, wenn diese nur 3 oder 5 Kunden hätte- erst die große Anzahl an Teilnehmern macht dieses Netzwerk interessant, werthaltig und lukrativ). In Wertnetzwerken sind Werttreiber (z.B. gesunde Patienten als Kunden einer Krankenversicherung) und Kostentreiber (z.B. krankheitsanfälligere Patienten einer Krankenversicherung) gleichermaßen von Bedeutung.
Die primären Aktivitäten bei Wertnetzwerken sind Netzwerkpromotion und Vertragsmanagement, Netzwerkservices sowie Infrastrukturoperationen. Die Aktivitätenlogik erfolgt bei Wertnetzwerken im Gegensatz zu den anderen beiden Formen nicht sequentiell (Wertkette) oder zyklisch (Wertshop) sondern simultan bzw. parallel. Im Mittelpunkt von Wertnetzwerken stehen verbindende Technologien, sog. mediating technologies.